Wie kannst du mit deiner Angst umgehen?
Ich denke, alle Schwangeren haben Ängste während ihrer Schwangerschaft. Das ist völlig normal. Hast du schon mal ein Baby verloren, ist diese Angst umso stärker. Das ist verständlich! Ängste und Sorgen begleiten Deinen Schwangerschaft.
Nach einem Verlust empfinden vielen gar nichts mehr als normal im Leben. Und schon gar nicht, eine erneute Schwangerschaft. Die meisten Frauen erleben eine neue Schwangerschaft als besondere Herausforderung. Im Umgang mit einer Folgeschwangerschaft sind sie aber so verschieden wie die Trauerwege nach dem Verlust.
Die Angst hat aber eine Funktion
Betrachten wir einmal unser Nervensystem und seine Funktionen. Dann werden viele unserer Reaktionen und Verhaltensweisen nachvollziehbar. Alle Erfahrungen, die von uns im Leben Leben gemacht werden – ob schön oder unschön – sind in unserem Körper gespeichert und werden von unserem autonomen Nervensystem sortiert und abgespeichert. Autonom bedeutet unabhängig und eigenständig. Der Körper hat also ein eigenständiges Gedächtnis und reagiert auf äußere oder innere Reize mit einer Körperempfindung. Dies hast du bestimmt schon oft bemerkt. Gedanken zaubern dir ein Lächeln ins Gesicht, eine Musik treibt dir Tränen in die Augen oder ähnliches.
Dies waren nur kleine Beispiele:) Wird der Reiz von Deinem Nervensystem als gefahrlos und angenehm eingestuft, löst er ein Wohlbefinden in Deinem Körper aus. Dein emotionales Gehirn, macht einen Haken hinter den Punkt Sicherheit.
Gar nicht schön ist es, wenn wir Gerüche, Bilder oder Geräusche wahrnehmen, die sofort eine unangenehme Empfindung in uns auslösen.
Im Fall einer Folgeschwangerschaft können das zum Beispiel der Geruch von Krankenhaus, der Arzt, oder eine Untersuchung sein. Dein Körper reagiert mit Stress: Ein beengendes Gefühl im Hals, du bekommst schlecht Luft. Das Atmen fällt dir schwer und dir wird übel. Dein Adrenalin steigt. Im Bruchteil einer Sekunde, ohne dass du etwas dagegen hättest tun können. Auch hierfür ist wieder Dein autonomes Nervensystem verantwortlich. Wir können (erst einmal) gar nichts gegen diese Empfindungen tun.
Unser Gehirn hat die Aufgabe unser Überleben zu sichern. Es stuft Situationen in „ungefährlich“ und „gefährlich“ sowie „lebensgefährlich“ ein.
Unser Nervensystem hat drei Überlebensreaktionen auf Gefahren:
Reaktion 1: Du kannst Dich mit der Situation anfreunden und auf Menschen zugehen, Dir Hilfe suchen. Das kannst Du nur, wenn Dein Gehirn die aktuelle Situation als relativ gefahrlos einstuft und Du Dich einigermaßen sicher fühlst.
Reaktion 2: Weglaufen oder angreifen. Dein Nervensystem signalisiert „Gefahr! Jetzt schnell!“ und löst im Körper alle Funktionen aus, die Du zum Weglaufen oder angreifen benötigst. In diesem Moment bist Du nur auf die Gefahrenquelle fokussiert und nimmst alles andere um Dich herum nicht mehr wirklich wahr. Wenn wir auf einem hohen Stressniveau unterwegs sind oder es uns nicht gut geht, können wir das sehr schön beobachten.
Reaktion 3: Sich totstellen. Dies ist der älteste Mechanismus im ältesten Teil unseres Stammhirns. Das Nervensystem signalisiert: „Absolute Lebensgefahr!“ Im Kleinen kennst Du das vielleicht, wenn Du Dich in einer Gruppe von der Lautstärke oder den Themen überfordert fühlst und mit Deinen Gedanken abdriftest und das Geschehen eher von außen wahrnimmst. Du fühlst Dich für einen Moment lang nicht mehr Teil der Gruppe. Etwas heftiger kann die Reaktion ausfallen, wenn Du von einer Situation überwältigt wurdest und Dich auf einmal ganz hilflos fühlst. Für viele Sterneneltern sind das die Momente, in denen sie keine Herztöne mehr finden konnten oder im Zuge der Geburt schlimme Erfahrungen machen mussten. Man sieht sich selbst wie in einem Film. Als wäre man aussen vor und nicht Teil dieser Situation. In diesen Momenten ist das Nervensystem überfordert und der Körper kann sogar mit einer Ohnmacht reagieren. Im Modus „Lebensgefahr“ bist Du handlungsunfähig, du stehst unter Schock.
Unser Nervensystem funktioniert bei allen Menschen gleich. Die Überlebensreaktionen zu kennen ist hilfreich. Reagieren tun wir aber alle unterschiedlich.
Zu tun hat es damit, dass wir Menschen Situationen unterschiedlich wahrnehmen.
Dein autonomes Nervensystem reagiert aufgrund Deiner Erfahrungen, die du in Deinem Leben gemacht hast. Und entscheidet dann, wie es die Situation einzuschätzen hat. Dafür kannst Du erst einmal nichts. Du bist also kein Angsthase oder besonders Mutig, wenn du anders reagierst als andere, sondern dein Leben hat dein Nervensystem geprägt.
Was du für dich tun kannst sind zum Beispiel Achtsamkeitsübungen. Sie helfen dir, im Hier und Jetzt zu sein. Wie fühlst du dich gerade? Wie fühlt sich Dein Körper an, wenn eine Situation für Dich angenehm oder unangenehm ist? Versuche bewusst Unterschiede zu erkennen und Dein Körperbewusstsein zu schulen. Das hilft Dir insbesondere auch dabei, Deine neue Schwangerschaft und alles, was damit zu tun hat, von der Schwangerschaft mit Deinem Sternenkind zu unterscheiden. Deine Angst hat eine wichtige Funktion. Es gibt Techniken, die Du gezielt einsetzen kannst, um Deine Aufmerksamkeit anders zu fokussieren. Ich persönlich bin absolut Fan von Hypnose. Dies ist aber nicht für jeden etwas. Auch eine Klopftherapie findet ich sehr einfach und schnell zu erlernen und persönlich und beruflich finde ich sie sehr hilfreich. Atemtechniken helfen auch sehr vielen und in unterschiedlichen Situationen
Spreche mit anderen Betroffenen, über dein Sorgen und Ängste. Auch deine Hebamme kann eine Hilfe sein. Schau und höre in dich hinein, welche Strategie dir Sicherheit vermitteln kann.
Schau, dass du von kompetenten, liebevollen Personen begleitet wirst, die sich mit deiner Situation auskennen. Schäme dich nicht, all deine Fragen und Sorgen anzusprechen. Egal wie oft es die gleiche Frage ist, egal wie absurd dir die Frage vorkommt. Lass dich von Ärzten und Hebammen begleiten, bei denen du nicht rechtfertigen musst, Untersuchungen ausser der Reihe wahrnehmen zu wollen. Lass dich nicht von deiner Angst besiegen.
Wenn du möchtest, ich helfe dir so gut ich kann durch deine Folgeschwangerschaft.
Deine Janette